Wie geht es weiter mit der Zuwanderung?

Wie geht es weiter mit der Zuwanderung?

Wie geht es weiter mit der Zuwanderung? 1125 1054 Samuel Lütolf

Am Donnerstagabend lud die SVP zu einer Informationsveranstaltung zur Begrenzungsinitiative. Die Referenten sehen darin die Antwort auf zahlreiche Probleme und verlangen, dass die Schweiz künftig wieder selbst bestimmen kann, wer zuwandert.

Artikel aus dem Freien Schweizer erschienen am 08.09.2020 (freierschweizer.ch)

von Cyrill Zemp

Seit Mitte August waren Nationalrat Marcel Dettling und Kantonsrat Samuel Lütolf im Kanton unterwegs, um öffentlich ihre Argumente für die Begrenzungsinitiative der SVP darzulegen. Zur sechsten und letzten Veranstaltung durften die beiden Referenten rund zwei Dutzend Zuhörer im Gasthaus Engel in Küssnacht begrüssen.

Eine Million Menschen mehr
Seit Einführung der Personenfreizügigkeit vor 13 Jahren lebt in der Schweiz rund eine Million mehr Menschen. Für Samuel Lütolf ist klar: So darf es nicht weitergehen. Die Schweiz ist seit jeher ein Einwanderungsland, das sehen auch die Befürworter so. Aber: «Nur jede fünfte zugewanderte Person ist tatsächlich eine benötigte Fachkraft», kritisierte der Küssnachter Kantonsrat. «Wir benötigen auch künftig ausländische Arbeitskräfte, wollen aber selbst bestimmen welche», be- gründete er die Notwendigkeit der Initiative.

«Das Experiment ist gescheitert»
Bei der SVP sieht man die Zuwanderung nämlich als massiven Kostentreiber in den Sozialwerken und im Bereich Infrastruktur. Gerade letztere gerate aufgrund des Bevölkerungswachstums immer mehr unter Druck, was sich beispielsweise darin zeige, dass sich die Staustunden seit 2007 verdoppelt hätten. Nicht zuletzt leide auch die Bildung unter der massiven Zuwanderung und der Tatsache, dass viele Schüler zuhause keine Landessprache mehr sprechen würden. «2007 haben wir die Kontrolle über die Zuwanderung verloren, wir haben unseren Hausschlüssel weggegeben», resümierte Marcel Dettling mittels Metapher. Seither habe jeder Zugang zum Haus – also zur Schweiz. «Nun wollen wir den Schlüssel zurück.» Anders als bei der Einführung der Personenfreizügigkeit versprochen, passe sich die Zuwanderung nämlich nicht der Konjunktur an. Gerade in der derzeitigen Krise sehen die beiden Politiker diese Problematik bestätigt: «Trotz Krise sind im ersten Halbjahr 2020 rund 60000 Menschen in die Schweiz eingewandert», rechnete Samuel Lütolf vor. Dennoch herrsche in gewissen Branchen nach wie vor ein Fachkräftemangel. Für SVP-Nationalrat Marcel Dettling ist deshalb klar: «Das Experiment Personenfreizügigkeit ist gescheitert.»
Die beiden Referenten plädieren für ein Kontingentierungssystem, wie es früher bereits bestanden und funktioniert habe. Die zugelassene Zuwanderung aus dem EU-Raum würde so basierend auf den Bedürfnissen der verschiedenen Branchen gesteuert. Bei schlechter Konjunkturlage könnten ausländische Arbeitskräfte wieder in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden.

Gefahr durch Guillotine?
Sämtliche anderen grossen Parteien und Wirtschaftsverbände gehören zu den Gegnern dieser Initiative. Diese halten es bekanntlich für unrealistisch, innerhalb der im Initiativtext vorgegebenen Frist von zwölf Monaten einen Deal mit der EU aushandeln zu können, der es der Schweiz erlauben würde, künftig selber über das Mass der Zuwanderung zu bestimmen. Sie sehen aufgrund der sogenannten Guillotine-Klausel sämtliche Abkommen der Bilateralen I in Gefahr. «Reine Angstmacherei», beschwichtigte Dettling. Er sieht nämlich durchaus Chancen auf eine fristgerechte Einigung mit der EU, zumal diese ebenfalls grosses Interesse am Fortbestand der Verträge habe. Hierfür nannte er beispielsweise das Landverkehrsabkommen. Auch wenn es tatsächlich zu einer Kündigung der Bilateralen I kommen sollte, wäre dies aus seiner Sicht aber ebenfalls kein Weltuntergang, da für den Handel mit den europäischen Nachbarn das Freihandelsabkommen von 1972 massgeblich sei und zahlreiche weitere Abkommen bestünden.

«Können es schaffen»
Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einer kurzen Diskussionsrunde. So kam unter anderem die Frage auf, ob Familiennachzug denn auch bei Annahme der Initiative möglich wäre, was Marcel Dettling bejahte. Mehrere Anwesende wunderten sich zudem, warum die grünen Parteien und Organisationen nicht mit ins Boot geholt werden konnten, zumal durch die Migration ja auch umweltrelevante Probleme verursacht würden.
Während man sich im Saal grösstenteils einig zu sein schien, sieht es im Gesamtkontext etwas anders aus. In der aktuellsten Umfrage von Tamedia gaben lediglich 37 Prozent der Befragten an, ‹Ja› oder ‹eher Ja› zu stimmen. Wie schätzt man also bei der SVP die Chancen der Initiative ein? «Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können», gibt sich Samuel Lütolf kämpferisch. Bei der Masseneinwanderungsinitiative hätten sich die Umfragewerte schliesslich in einem ähnlichen Spektrum bewegt und die Gegner waren bereits siegessicher. Schlussendlich wurde die Initiative jedoch mit einer Mehrheit von Volk und Ständen angenommen. Wie diesmal über die Zuwanderungsfrage entschieden wird, zeigt sich am 27. September.